Graz: Tummelplatz neu - Sitzt, passt, hat Luft!
Platzreife im Herzen der Stadt. Grazer Architekturbüro liefert in EU-weit ausgeschriebenem Wettbewerb den Siegerentwurf für die Umgestaltung des Tummelplatzes samt Umgebung.
Vom Platz zum Zähmen und Zureiten von Pferden im 16. Jahrhundert über den beleuchteten „Ufolandeplatz" samt Fußgängerzone anno 1991 bis zum grünen Freiluftwohnzimmer - die Anforderungen an den Grazer Tummelplatz haben sich im Laufe der Zeit massiv geändert. Für die Neugestaltung des zentralen Platzes und seiner Umgebung haben sich beim EU-weit ausgeschriebenen anonymen Wettbewerb der Grazer Stadtplanung 19 Planungs- und Architekturbüros beworben. Umso erfreulicher ist, dass - salopp gesagt- ein Platzhirsch das Rennen machte: Wolfgang Timmer, Julia Fröhlich und Martin Konrad von konstruktiv Architektur & weeSt Architekten. Haben sie doch am Tummelplatz 5 einen Bürostandort, wodurch sie somit selbst von ihren Planungen profitieren.
Die Aufgabenstellung war eine durchaus herausfordernde. Galt es doch das Areal zu begrünen, sowohl Ruheflächen als auch gute Wegeverbindungen für den Fuß- und Radverkehr unter einen Hut zu bringen, genügend Raum für Märkte zur Verfügung zu stellen und für Grazer:innen aller Altersgruppen einen Platz zum Verweilen sowie zum Entfalten zu schaffen.
Vizebürgermeisterin Judith Schwentner: „Wir wissen aus Umfragen unter Grazer:innen, Geschäftstreibenden und Schüler:innen des Akademischen Gymnasiums, dass es einen großen Wunsch nach mehr Bäumen und Sitzgelegenheiten gibt. Ich freue mich, dass mit diesem Entwurf die Grazer Innenstadt ein großes Stück mehr Aufenthaltsqualität gewinnt, dass der Schatten der geplanten 33 neuen Bäume künftig für Abkühlung sorgen wird und Bänke zum Verweilen einladen. Unterschiedlichste Aufenthalt- und Rastplätze, eine Erweiterung der Radabstellflächen und Wasserelemente werten den Platz zudem auf. Der Fokus liegt auf dem Fußverkehr. Ich freue mich wirklich sehr, dass wir einen wunderschönen Entwurf für die Zukunft dieses Platzes im Herzen der Innenstadt haben."
Stadtbaudirektor Bertram Werle: „Auf dem innerstädtischen 5.100 m2 großen Areal wird der Beginn einer neuen Ära sichtbar. Wir läuten auf diesem Platz tatsächlich einen positiven Klimawandel in der gebauten Infrastruktur der Stadt ein. Viel Grün, hohe gestalterische Qualität inmitten des Grazer Weltkulturerbes, angenehme Aufenthaltsmöglichkeiten samt Entsiegelungen und klug strukturierte unterschiedliche Nutzungsbereiche gehen hier Hand in Hand."
Preisgerichtsvorsitzende Maria Auböck: „Wir gratulieren den Preisträgern. Es handelt sich um einen zeitgemäßen Entwurf, der in multifunktionaler Weise die Platzräume der Altstadt komplettiert. Der innovative Entwurfsansatz zeigt sich in der Anwendung des Stockholm Systems, der Verwendung großer Bäume und attraktiver Plattenbeläge und bietet Aufenthaltsqualitäten für alle Generationen. Zudem ist für die technische Bewältigung von Starkregenereignissen gesorgt! Der Tummelplatz wird mit diesem Projekt eine wesentliche Erneuerung erfahren."
Stadtplanungschef Bernhard Inninger: „In den 1990er Jahren wurde der Tummelplatz zeitgenössisch gestaltet, aus technischen Gründen ist nun ein Neubau notwendig. Wir hatten mit einem breiten Beteiligungsprozess begonnen, und wir haben nun im Wettbewerb klimafitte und zeitlose Lösungen eingefordert. Einmal mehr hat sich der Wettbewerb als Mittel zur Findung eines tollen Entwurfes bewährt. Der neue Tummelplatz wird Vorbild sein, vor allem aber ein attraktiver Lebensraum für die Grazerinnen und Grazer."
Welche Themen das Siegerteam von konstruktiv Architektur & weeSt Architekten rund um Wolfgang Timmer, Julia Fröhlich und Martin Konrad bei ihrer Vision am meisten bewegte: „Der Platzbereich verdoppelt sich und schafft damit mehr Raum - sowohl für das Miteinander als auch für eine Vielzahl an Bespielungen. Der Platz soll vielfältigen Anforderungen gerecht werden. Dabei stellt er die Aufenthaltsqualität für die Menschen in den Mittelpunkt. Es wird zukunftsfitte Grünräume und verschiedene Stadtmöbel geben, die behagliche Atmosphäre erzeugen. Der zentrale Platzbereich mit Wasserfontänen bleibt flexibel und sorgt für städtisches Ambiente."
- Beteiligung: Befragung: 419 Fragebögen wurden von Bürger:innen und Gewerbertreibenden im Vorfeld ausgefüllt, die Interessengemeinschaft „Attraktiver Tummelplatz" war im Vorfeld und auch bei der Jurysitzung involviert, Schüler:innen-Befragung der 7. Schulstufen des Akademischen Gymnasiums.
- Projektgebiet: Tummelplatz samt seitlichem Zubringer: 3.167 m2, Bürgergasse bis Salzamtsgasse: ca. 546 m2, Bischofsplatz inkl. Schlossergasse: 1.453 m2.; Gesamt: 5.166 m2
- Baumstandorte: Derzeit 8 (diese bleiben erhalten). In Zukunft zusätzlich 7 großkronige Bäume wie Gleditsia triacanthos, 15 kleinere und 11 mittelgroße Bäume (Bsp.: Felsenbirne, Hartriegel, Kaukasuseiche...) im Schwammstadtprinzip.
- Belag: In der historischen Altstadt gehen die linear angeordneten, großformatigen Platten aus heimischem, hellen Granit in kleinformatige Pflastersteine über. Das Fugenbild ändert sich somit und ist je nach Anforderung offen begrünt oder zementär verfugt.
- Beleuchtung: Oberirdisch durch zylindrisch Leuchten mit dynamischer Beleuchtung, wobei sich die Intensität dem unterschiedlichen Nutzungsbedarf anpasst.
- Verkehrserschließung: Ladezonen bleiben auch am Seitenarm des Tummelplatzes bestehen, Bäume ersetzen die bisherigen 12 Kfz-Abstellplätze, die dortigen Behindertenparkplätze werden in die Einspinnergasse verlegt. In der Bürgergasse sind 3 Ladezonen-Plätze eingeplant, der Behindertenstellplatz bleibt ebenso wie die drei am Bischofsplatz bestehen, vier Kfz-Stellplätze werden in der Bürgergasse aufgelassen.
- Kühler Kopf statt „Hot spot": Durch intensive Durchgrünung in unterschiedlichen Schichten (Stauden, niedrige Gehölze, Bäume) wird das aktiv in den Boden eingetragene Regenwasser verdunstet. Es entsteht eine kühle und behagliche Atmosphäre. Der Schatten der Vegetation reduziert die Erwärmung der Oberflächen und schafft attraktive Aufenthaltsorte. Wasserspiele und Trinkwasserbrunnen stellen darüber hinaus Abkühlungsmöglichkeiten dar.
- Veranschlagte Mittel (Stand August 2022): 5,33 Mio. Euro brutto
- Weitere geplante Schritte: Genehmigungsverfahren: 2024, Ausführungsplanung/Ausschreibung: ev. 2025, Baubeginn: 2026 möglich.
- Beteiligte: Das Projekt muss viele „Stückerl" spielen, das sieht man auch an der Anzahl der involvierten städtischen Abteilungen: von der Stadtplanung, der Stadtbaudirektion Verkehrsplanung über die Abteilung für Grünraum- und Gewässer, Straßenamt, Marktamt, Magistratsdirektion, Präsidialamt, Finanzdirektion, Amt für Jugend- und Familie, Holding Graz Stadtraum bis hin zur Stadtvermessung und der Abteilung für Immobilien.
- Öffentliche Ausstellung des Siegerprojekts und weiterer ausgezeichneter Arbeiten: von 28. Juli bis 4. August montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr, 3. Stock (links) im Grazer Rathaus, Hauptplatz 1.
Quelle: Stadt Graz