Wien: Wienbibliothek im Rathaus - Nachlass von Adolf Holl (1930-2020) erworben

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Adolf Holl, 2005
Foto: © Walter Famler / Wienbibliothek im Rathaus
16 Jän 08:00 2021 von Redaktion Salzburg Print This Article

Am 23. Jänner jährt sich der erste Todestag von Adolf Holl, im Jänner vor 50 Jahren stellte er auch sein zentrales Werk „Jesus in schlechter Gesellschaft“ fertig: Der Nachlass des 1930 in Wien geborenen Theologen, Wissenschaftlers, Publizisten und Schriftstellers wurde von der Wienbibliothek im Rathaus erworben und wird für die wissenschaftliche Nutzung zugänglich gemacht.

Der von der Wienbibliothek im Rathaus erworbene umfangreiche Nachlass Adolf Holls umfasst 60 Archivboxen mit Lebensdokumenten, Tagebüchern, Manuskripten, Korrespondenzen, Fotos und Alltagsgegenständen. Weiters die Arbeitsbibliothek mit rund 1.800 Bänden aus allen Wissensbereichen, die von Holl mit einer Signatur versehen und großteils durchgearbeitet wurden, sowie Widmungsexemplare u. a. des Ethnologen Hans Peter Duerr oder des Philosophen Peter Strasser.

„Der Nachlass zeigt, dass Wien Adolf Holls erster und zentraler Wirkungskreis war. Er hatte maßgeblichen Anteil am gesellschaftlichen Diskurs der letzten Jahrzehnte“, betont Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler. „Sein Wirken reichte weit über theologische, wissenschaftliche wie geografische Grenzen hinaus, davon zeugen vor allem die vorliegenden Korrespondenzen mit intellektuellen Zeitgenoss*innen.“

Der oftmals als „Kirchenrebell“ titulierte Holl war lange katholischer Priester, bevor er seine Zweifel und seine Kritik – u. a. am Zölibat und an einer institutionalisierten Kirche – öffentlich machte, was 1976 zu seiner Suspendierung führte. Seither trug Holl immer wieder als Autor und Journalist zu der öffentlichen Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten gesellschaftlichen Themen bei, beispielsweise als Diskussionsleiter der ORF-Sendung „Club 2", die er über 70 Mal moderierte.

„Holls Wirken begann in der gesellschaftlichen Aufbruchsstimmung der 1960er und 70er Jahre. Er hat den Erosionsprozess der Kirche analysiert, seine Zweifel kultiviert und literarisiert – darüber aber stets eine hintersinnige Frömmigkeit durchscheinen lassen. Seine Themen waren existentiell, aber mit großer lebenskundlicher Leichtigkeit erzählt, was die breite Resonanz seiner Leserschaft erklärt“, erläutert Walter Famler, langjähriger Freund, Erbe und Nachlassverfüger Holls.


Analoger Intellektueller

„Holl war ein analoger Intellektueller, im besten Sinne und in jeder Hinsicht. Er hat nicht nur seine Manuskripte bis zuletzt mit Schreibmaschine geschrieben, die auch Teil des Nachlasses ist. Er hat die Bücher seiner Arbeitsbibliothek mit umfangreichen Notizen, Vermerken und Unterstreichungen versehen, was sie für die Forschung besonders interessant machen“, so Wienbibliothek-Direktorin Anita Eichinger. „Die Arbeitsbibliothek wird gerade aufgearbeitet und relativ rasch zugänglich sein. Der umfangreiche Nachlass wird in den kommenden Jahren aufgearbeitet werden, damit Werk und Person für die Forschung zugänglich sind.“

Die Ordner mit Korrespondenzen und handschriftlichen Dokumenten sowie die von Holl seit den 1960er Jahren geführte Adresskartei zeigen die unterschiedlichen Netzwerke und Verbindungen zu Zeitgenoss*innen, mit denen Adolf Holl im Austausch stand. Es finden sich darin die Korrespondenz mit Kardinal Franz König zu Holls Suspendierung vom Priesteramt 1976 ebenso wie Briefe und Postkarten u. a. von Schriftsteller*innen wie Brigitte Schwaiger, Josef Haslinger und Frederic Morton, dem Psychiater Leo Navratil, der Kulturanthropologin Felicitas Goodman, dem Psychoanalytiker Theodor Itten oder Peter Strasser.

Mehrere Ordner mit Predigten sind von Interesse, weil diese ab Ende der 1960er Jahre bereits als Vorarbeiten für Holls kirchenkritischen Bestseller „Jesus in schlechter Gesellschaft“ von 1971 zu lesen sind, der den langgedienten Kaplan die Lehrbefugnis und in weiterer Folge das Priesteramt kostete. Holl zeichnete Jesus darin als Menschen, der sich für Außenseiter engagiert und gegen die etablierte Gesellschaft und Religion Position ergriffen habe.

Weiters befinden sich im Nachlass Manuskripte zu einigen Büchern Holls, darunter „Die linke Hand Gottes. Biographie des heiligen Geistes“ oder die Autobiografie „Wie ich ein Priester wurde, warum Jesus dagegen war, und was dabei herausgekommen ist“ (Nachdruck „Gott ist tot und läßt dich herzlich grüßen. Eine Autobiographie“).

Ebenso enthalten ist das fragmentarische Manuskript von Holls 33. Buch „Leibesvisitationen“, das in diesem Jahr als Privatdruck erstveröffentlicht und auch Teil der 12-bändigen kommentierten Werkausgabe sein wird, die im Herbst mit dem ersten Band „Jesus in schlechter Gesellschaft“ beginnt.






Quelle: Stadt Wien



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