Wien: Wissenschaftsbasierte Qualzucht-Plattform: Mit Daten gegen Defekte
Tierschutzombudsstelle und Tierärztekammer Wien sind österreichische Partner des international einzigartigen Projekts QUEN
Vom kurznasigen Hund über die haarlose Katze bis hin zum schuppenlosen Reptil oder so genannten Designer-Fischen: Die „Gestaltungsfreiheit“ des Menschen in der Tierzucht führt jedes Jahr bei Millionen Tieren zu Schmerzen, Leiden und Schäden. Ein beispielloses Projekt von internationalen Veterinär- und Tierschutz-Expert*innen soll nun helfen, das in Österreich bestehende Qualzucht-Verbot in die Praxis umzusetzen. „Mit dem Qualzucht-Evidenz Netzwerk QUEN bekommen die österreichischen Tierärzt*innen und Vollzugsbehörden die Informationen, die sie dringend benötigen, um das Leid der betroffenen Tiere angemessen zu bewerten und gegebenenfalls Maßnahmen zu setzen“, so Eva Persy, Leiterin der Tierschutzombudsstelle Wien, und Manfred Hochleithner, Präsident der Landesstelle Wien der Österreichischen Tierärztekammer.
Seit vielen Jahren weisen Tierärzt*innen und Tierschutz-Expert*innen auf die Folgen der menschlichen Eingriffe in der Zucht bestimmter Tierarten und -rassen hin. Leiden, Schmerzen und Schäden der Tiere, die auf besondere Merkmale gezüchtet werden, bleiben bisher weitgehend unberücksichtigt. „Nicht nur Hunde, Katzen und andere Heimtiere sind betroffen, sondern auch Millionen landwirtschaftlich genutzter Tiere – und das, obwohl die Qualzucht in Österreich per Gesetz verboten ist“, so Eva Persy. Das Problem: „Es fehlt nicht nur an klaren Vorgaben, ab wann die Züchtung auf bestimmte Merkmale hin tierschutzrelevant ist, sondern mitunter auch an Wissen darüber, was dies mit den Tieren macht.“
Die Aufklärung über die Leiden der Tiere mit zuchtbedingten Defekten, ist wichtiger Bestandteil des Qualzucht-Evidenz Netzwerks QUEN. Das Konzept wurde mit Tierärzt*innen entwickelt, damit diese ihre Garantenpflicht im Tierschutz nachhaltig erfüllen zu können. „Mit der Datenbank wurde eine wertvolle Wissensplattform geschaffen, die den Kolleg*innen die Beurteilung von Qualzucht erleichtert“, zeigt sich Manfred Hochleithner erfreut. „Wir als Tierärztekammer unterstützen diesen Vorstoß und werden die Inhalte innerhalb der Tierärzteschaft streuen, u.a. indem wir diese in unser Bildungsangebot einfließen lassen.“
QUEN bietet neben detaillierten Informationen zu Tierarten und relevanten Merkmalen auch Rechtsgutachten, einschlägige Urteile sowie die Möglichkeit, sich international zu vernetzen. Die Tierschutzombudsstelle Wien gehört mit der Tierärztekammer Berlin, der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht, der Akademie für Tierschutz des Deutschen Tierschutzbundes, dem Schweizer Tierschutz und den deutschen Tierschutzbeauftragten der Bundesländer zu den Initiatoren des Projekts. Mit fachkundiger Unterstützung der zahlreichen Partner*innen wie der Landesstelle Wien der Österreichischen Tierärztekammer sollen die Inhalte kontinuierlich erweitert und aktualisiert werden.
„Wir hoffen, dass wir dem Ziel, Qualzucht in Österreich und damit verbundenes millionenfaches Tierleid zu verhindern, mit diesem einzigartigen Tool einen großen Schritt näher kommen“, so Persy und Hochleithner.
Die Qualzucht ist übrigens auch Thema des heurigen Tier&Recht-Tags, der juristischen Fachtagung der Tierschutzombudsstelle Wien: Am 2. Dezember 2021 wird die Problematik unter dem Titel „Vererbtes Leid - Wege aus der Qualzucht“ von Vortragenden aus Österreich, Deutschland und der Schweiz beleuchtet. Nähere Informationen gibt es hier: https://www.tieranwalt.at/de/Projekte/Tier_Recht/Tier_Recht-Tag.htm
Das Qualzucht-Evidenz-Netzwerk erreichen Sie unter: http://qualzucht-datenbank.eu
Quelle: Stadt Wien