Vorarlberg: Zu wenig Platz für Bodenaushub – große Herausforderung für Vorarlberg

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Vorarlberg

07 Mär 08:00 2021 von Redaktion Salzburg Print This Article

LR Rauch: Gemeinschaftliche Projekte von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft als vielversprechende strategische Option

Bregenz (VLK) – „Wohin mit dem Bodenaushub mitten im Bauboom: bei kaum einem anderen Thema ist die strategische Planung so wichtig“, betont Landesrat Johannes Rauch im Rahmen einer Anfragebeantwortung. „Es ist in den nächsten Jahren mit einer weiteren Verknappung der Deponieflächen zu rechnen. Da ich es aus umweltpolitischer Sicht nicht für sinnvoll halte, unzählige Klein- und Kleinstdeponien im ganzen Land zu errichten, erscheint die Entwicklung von PPP-Modellen (öffentliche Hand und Privatwirtschaft) eine vielversprechende strategische Option zu sein.“ Landesrat Marco Tittler betont als in die Beantwortung miteinbezogener Wirtschafts- und Raumplanungsreferent des Landes, dass der Dialog mit allen betroffenen Gruppierungen zur Deponiefrage intensiviert werden muss und weitere (bundes-)rechtliche Vereinfachungen für eine nachhaltige Lösung der angespannten Deponiesituation erforderlich sind.

Die Landesregierung hat im Frühjahr 2020 gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Vorarlberg eine Studie zu Bodenaushub und Baurestmassen in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse Anfang Februar der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Darauf aufbauend, wird das Land nun eine Rohstoff- und Deponiestrategie entwickeln, die das Ziel einer möglichst regionalen Selbstversorgung mit mineralischen und nachwachsenden Baurohstoffen sowie Deponierungsmöglichkeiten in den verschiedenen Landesteilen Vorarlbergs verfolgt. „Dabei wollen wir der Aufbereitung und Wiederverwertung, der Kreislaufwirtschaft sowie der Verringerung der Exporte und der Berücksichtigung des Natur- und Umweltschutzes besonderes Augenmerk schenken“, erläutert Rauch. In diese Überlegungen sollen alle relevanten Stakeholder eingebunden werden.

Strategie
„Das Vorarlberger Abfallwirtschaftsgesetz verpflichtet uns zu folgendem hierarchisch gegliederten Umgang mit Abfall: Abfallvermeidung – Vorbereitung zur Wiederverwendung – Recycling – sonstige Verwertung (z. B. energetische Verwertung) – Beseitigung“, betont Rauch. Auf Basis der gesetzlichen Vorgaben und der Ergebnisse der Abfallwirtschaftsstudie ergeben sich im Wesentlichen fünf mögliche Szenarien:
• Das Land kann Bodenaushub-Deponien zur Landesangelegenheit erklären: Es bestimmt den Preis, die Menge und den Einzugsbereich, wie vom Vorarlberger Abfallwirtschaftsgesetz als Möglichkeit vorgesehen.
• Gemeinsam mit interessierten Kommunen werden PPP-Modelle entwickelt, mit denen Bauaushubdeponien nach klaren Vorgaben (Preis, Annahmeregime, Befüllungszeitraum) betrieben werden.
• Vorarlberg exportiert seinen Bauaushub nach Deutschland oder in die Schweiz. Dort existieren ausreichend Kapazitäten, die logistischen Herausforderungen in diesem Zusammenhang sind allerdings groß.
• Wir versuchen, den Anfall von Bauaushub substanziell zu reduzieren. Das würde allerdings auch auf eine verringerte oder zumindest weniger erdbewegungsintensive Bautätigkeit im Lande hinauslaufen.
• Die politischen Entscheidungsträger überzeugen jene Betreiber von Deponien, die über ausreichende Kapazitäten verfügen, aber deren Freigabe aus unterschiedlichsten Gründen verzögern, davon, dass nun ein guter Zeitpunkt wäre, dies doch zu tun.

„Dabei halte ich die Entwicklung von PPP-Modellen für eine strategisch vielversprechende Option“, erklärt Rauch. „Selbstverständlich werden wir alles unternehmen, um die Bevölkerung in diesen heiklen Fragen zu sensibilisieren und zu konsultieren. Denn klar ist: Niemand lebt gern in der Nachbarschaft einer Deponie – nicht wegen des Geruchs, sondern wegen des Schwerverkehrs.“

Gerade auch in standortpolitischer Hinsicht unterstreiche die nun vorliegende Deponiestudie den Bedarf nach strategischer Planung von Deponiekapazitäten, ergänzt Landesrat Tittler: „Eine nachhaltige Lösung der bereits angespannten und sich absehbar noch verschärfenden Deponiesituation setzt aber voraus, dass die Probleme und Lösungsmöglichkeiten mit allen betroffenen Gruppierungen erörtert werden. Dringend benötigt werden zudem bundesrechtliche Vereinfachungen für Kleinmengen, für die Wiederverwendung von Materialien und für torfhaltige Aushübe.“

Zahlen
Mit Ende 2020 waren in Vorarlberg rund 13,7 Millionen Tonnen an Deponievolumen genehmigt, davon sind laut Abfallwirtschaftsstudie rund 3,7 Millionen Tonnen unmittelbar verfügbar. In den letzten Jahren wurden Vorarlberg rund 1,3 Millionen Tonnen zu deponierender Bauaushub pro Jahr produziert. „Insofern ist klar, dass wir neue Deponievolumina benötigen“, erläutert Rauch. „Denn selbst wenn es uns gelingt, die jährlich anfallende Menge an Bodenaushubmaterial konstant zu halten, stoßen wir spätestens 2031 an die Grenzen.“ Das belege die Abfallwirtschaftsstudie eindrücklich. Dass auch bei Großprojekten des Landes großer Wert auf die Wiederverwendung von Materialien gelegt wird, zeigt das Beispiel des Stadttunnels Feldkirch, so Tittler mit Verweis auf die rechtskräftige UVP-Bewilligung. „Der weit überwiegende Teil des Tunnelausbruchmaterials ist auf Grund der felsmechanischen Eigenschaften wiederverwertbar (Betonzuschlag, Asphaltzuschlag, Frostkoffer, Hinterfüllungen, …) und soll der Bauwirtschaft im Sinne der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden.“

Torf
Viele Regionen Vorarlbergs sind bei Bauprojekten mit der zusätzlichen Herausforderung überdurchschnittlich torfhaltiger Böden konfrontiert. „Torfhaltigen Aushub zu deponieren ist wesentlich kostspieliger als ‚normales‘ Aushubmaterial auf die Deponie zu bringen“, erklärt Landesrat Rauch. Wohnbaulandesrat Tittler illustriert dies anhand der Baukosten der gemeinnützigen Wohnbauträger, die auf torfhaltigem Untergrund aufgrund der drohenden Deponierungskosten mitunter nur durch Optimierung der Untergeschoße Objekte mit leistbaren Mietpreisen errichten können.

„Es ist uns zwar gelungen, eine Erhöhung der entsprechenden chemischen Grenzwerte in der Deponieverordnung des Bundes zu verankern, dennoch stoßen wir auch in diesem Bereich an Grenzen.“ Im Rahmen der Rohstoff- und Deponiestrategie soll daher auch der Ausbau von Rekultivierungsprojekten, bei denen torfhaltiger Aushub eingesetzt werden könnte, erörtert werden.

„Ich bin zuversichtlich, noch im heurigen Jahr in Kooperation mit der einen oder anderen Gemeinde und auf Basis von PPP-Modellen zusätzliches Volumen für die Deponie von Bauaushub schaffen zu können“, zeigt sich Rauch optimistisch, „und zwar zu Bedingungen und Preisen, die den überhitzten Markt deutlich entlasten.“


Quelle: Land Vorarlberg



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