Wien: Zusammenfassung der konstituierenden Sitzung der Untersuchungskommission zur "Wien Energie"

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Wien

03 Dez 22:00 2022 von Redaktion Salzburg Print This Article

Nächste Sitzung am Freitag, dem 16­­­. Dezember 2022

Im Wiener Rathaus hat sich heute­­, Freitag, die Untersuchungskommission konstituiert, die sich in den kommenden Monaten mit den Vorgängen rund um die Finanzierungsschwierigkeiten der Wien Energie im Sommer und der damit zusammenhängenden Vergabe von insgesamt 1,4 Mrd. Euro durch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in Notkompetenz sowie die Wahrnehmung der Eigentümerrechte widmet.

Nach der Eröffnung durch den Vorsitzenden der Kommission, Martin Pühringer vom Verwaltungsgericht Wien, der die Konstituierung der Kommission feststellte und die allgemeinen „Spielregeln“ referierte, erinnerte sein Stellvertreter Einar Sladecek – ehemaliger Präsident des Arbeits- und Sozialgerichts Wien – daran, dass die Kommission kein Tribunal sei. Sie diene vielmehr dazu, den genauen Sachverhalt zu klären und eventuelle Missstände zu benennen oder zu falsifizieren, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen. Sladecek, der bereits in der letzten UK im Vorsitz saß, bezeichnete die Aufgabe als Herausfinden, der Ursache der Probleme, wie hat die Wiener Stadtverwaltung die Aufsicht ausgeübt, wer wann welchen Wissenstand hatte. Als zweite Stellvertreterin des Vorsitzenden fungiert Regine Jesionek, Senatspräsidentin am Oberlandesgericht Wien.

Zunächst wurde heute der gesamte Antrag auf Einberufung der Untersuchungskommission mit dem Titel „Missstände bei der Wahrnehmung der Eigentümerrechte sowie die Ausübung der Notkompetenz durch den Wiener Bürgermeister“ vom Vorsitzenden verlesen.

Dann meldeten sich die Fraktionsführer mit ihren Statements zu Wort. Markus Wölbitsch-Milan (ÖVP) wollte durch die U-Kommission vor allem zwei Fragen geklärt wissen: Weshalb wurde die Milliarden-Unterstützung für die Wien Energie notwendig und was waren die Gründe dafür, dass Bürgermeister Ludwig ohne Information an die Gremien in Notkompetenz handelte? Wölbitsch betonte die Wichtigkeit, dass die Diskussion in der Kommission „sachlich und achtend“ geführt werde. Trotzdem müsse die Aufklärung durch die Kommission „kompromisslos“ erfolgen, da sich die Wiener Bevölkerung Antworten erwarte. Außerdem wünschte sich Wölbitsch-Milan eine Klarstellung über die Notkompetenz des Bürgermeisters sowie die Rolle der Wien Energie als wichtiger Versorger für Wien.

Maximilian Krauss (FPÖ) stellte die Frage, ob die finanzielle „Schieflage“ der Wien Energie wirklich erst im vergangenen Sommer bekannt gewesen sei, oder ob diese Schieflage bereits jahrelang gegeben gewesen sei. Dies betreffe die Aufsicht des Energieunternehmers durch die Eigentümerin Stadt Wien. Zudem wolle Krauss die Notkompetenz des Bürgermeisters einer politischen Begutachtung unterziehen. Krauss hofft in der Kommission „auf eine Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen und mit dem Vorsitz auf Augenhöhe“ sowie auf umfassende Aktenbereitstellungen ohne Verzögerungen. Am Ende der Tätigkeit der Kommission sollten „positive Lehren und echte Transparenz“ stehen.

Thomas Reindl (SPÖ) bezeichnete die starken Verwerfungen auf den Energiemärkten im vergangenen Sommer als Folge der Corona-Krise und verschärft durch den kriegerischen Überfall Russlands auf die Ukraine als „nie dagewesenes Szenario in ganz Europa“. Viele europäische Länder hätten darauf mit Hilfen für die Energieunternehmen reagiert, nicht jedoch Österreich. In Wien habe Bürgermeister Ludwig „Verantwortung und Entschlossenheit“ gezeigt, um das Schlimmste für die Versorgung der Wiener Bevölkerung zu verhindern. Inzwischen seien die zur Verfügung gestellten Hilfen fast zur Gänze zurückgezahlt. Reindl will die Fragen, ob die Stadt richtig gehandelt habe, die Daseinsvorsorge immer gewährleistet geworden sei und die getroffenen Entscheidungen gesetzeskonform getroffen worden seien, in der Kommission klären. Außerdem solle die „volle Reputation“ der Wien Energie und der Wiener Stadtwerke wieder hergestellt werden.

David Ellensohn (GRÜNE) bezeichnete es als „unlogisch“, dass Bürgermeister Ludwig sechs Wochen nach der Vergabe der ersten Tranche von 700 Mio. Euro abermals in Notkompetenz handelte. Nur die Wien Energie eine „völlig andere Strategie“ auf den Energiemärkten betrieben – „war das dem Eigentümervertreter egal?“, frage Ellensohn. Außerdem wollte Ellensohn geklärt wissen, weshalb die Wien Energie keinen Kredit mehr von Banken bekam, sondern der Bund „einspringen“ musste.

Stefan Gara (NEOS) sagte, er stehe dafür, dass alle Sachverhalte und Ursachen transparent aufgeklärt werden. Er sei mit dem Krisenmanagement und der Vorgangsweise in Sachen Wien Energie nicht zufrieden, und werde die Vorgänge „kritisch beleuchten“. Für Gara sind Vorverurteilungen definitiv fehl am Platz, er werde keine parteipolitischen Spielchen mitmachen. Aufgrund der Tatsache, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik „im Sinkflug“ begriffen sei, müsse die Untersuchungskommission mit ihrer Arbeit wieder Vertrauen gewinnen. Gara verwies darauf, dass die Kommission nicht das einzige Instrument der Prüfung sei, auch der Stadtrechnungshof und der Rechnungshof würden prüfen.

Anschließend wurde über die eingebrachten Beweisanträge abgestimmt. Ex-Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber, Analyst Johannes Benigni und Ökonom Michael Böheim sowie Carola Milgram von der E-Control und Expertin Susanne Kalss wurden als Auskunftspersonen in eine der nächsten Sitzungen der Untersuchungskommission geladen. Als Zeug*innen geladen werden unter anderem: Bürgermeister Michael Ludwig, Stadtrat Peter Hanke, Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, Ex-Bürgermeister Michael Häupl, Ex-Stadträtin Renate Brauner, Stadträtin Ulli Sima, die Mitglieder des Finanzausschusses des Gemeinderates sowie Vertreter*innen des Wiener Magistrats und der Wiener Stadtwerke sowie der Wien Energie.

Die meisten eingebrachten Anträge wurden einstimmig angenommen. Mehrere Anträge, meist die Offenlegung elektronischer Kommunikation betreffend, sowie einige Zeug*innen-Ladungen, wurden zurückgestellt. Diese Anträge werden in einer der nächsten Sitzung abgestimmt.

Schließlich bestätigte die Kommission den nächsten Termin: Die nächste Sitzung der Untersuchungskommission findet am Freitag, dem 16. Dezember 2022, um 10 Uhr im Rathaus statt.

Die Gesamtdauer der Kommission ist mit maximal zwölf Monaten beschränkt, diese Frist begann mit dem heutigen Tag zu laufen. Eine Verlängerung um drei Monate ist möglich. Die Kommission besteht insgesamt aus 18 Mitgliedern, die Aufteilung nach einzelnen Fraktionen bemisst sich an ihrer jeweiligen Mandatsstärke im Gemeinderat.

Sitzungsprotokolle auf www.wien.gv.at

Die Protokolle der Sitzungen der Untersuchungskommission sind demnächst unter https://www.wien.gv.at/infodat abrufbar und werden damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


Quelle: Stadt Wien



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