aidsHilfe Kärnten: 35 Jahre im Wandel einer „Hiobsbotschaft“
LHStv.in Beate Prettner und Günther Nagele: Von einem sicheren Todesurteil zu einer bestens behandelbaren Erkrankung – Aids hat seinen Schrecken verloren, wenn die Diagnose rechtzeitig gestellt wird – nachwievor liegt Dunkelziffer bei rund 25 Prozent – Tätigkeitsfeld der aidsHilfe massiv ausgeweitet – public health Aufträge
Nagele ist „ein Mann der ersten Stunde“, was die aidsHilfe Kärnten betrifft: Er fungiert seit der Gründung der Landesstelle im Frühjahr 1987 als deren Geschäftsführer. Damals noch zu zweit, umfasst das Team mittlerweile sechs Mitarbeiter. „Und das ist auch dringend nötig, zumal die aidsHilfe Kärnten nicht auf das Thema HIV beschränkt ist, sondern bei allen sexuell übertragbaren Erkrankungen berät, hilft, unterstützt. Hier sind etwa Chlamydien zu nennen, die erschreckend häufig auftreten; hier liegt noch viel (Aufklärungs)arbeit vor uns“, so Nagele.
Für LHStv.in Prettner „ganz wesentlich ist die Präventionsarbeit bzw. sind die public health Aufträge, die die aidsHilfe für das Land Kärnten übernommen hat – beginnend bei der Prävention in den Schulen, bei jungen Menschen, die vor ihren ersten sexuellen Erfahrungen stehen.“ Pro Jahr werden mehrere Hundert Workshops in Bildungseinrichtungen durchgeführt – „mit einer enormen Resonanz, weil die aidsHilfe Kärnten als wichtige Institution anerkannt ist.“ Als weiteres ganz zentrales Anliegen definierte Prettner „das leider sehr mühsame Ankämpfen gegen die Diskriminierung von Betroffenen“. Es müsse allen bewusst sein, „dass die Erkrankung tatsächlich jeden von uns treffen kann.“ Nagele erinnerte daran, mit welchen „schlimmen Diskriminierungen vor 35 Jahren HIVpositive Menschen konfrontiert waren. Das hat sich Gott sei dank gebessert, aber wir sind noch nicht da, wo wir sein sollten, nämlich bei null Prozent Diskriminierung.“ Wie Nagele ausführte, „können wir sehr gut auf die Erkrankung reagieren, aber wir können die Diskriminierung nicht stoppen und wir können die falschen Bilder nicht verhindern. Das heißt Betroffene sind noch immer Vorurteilen und Stigmatisierungen ausgesetzt. Alte Ängste haben noch immer Bestand, man hat völlig falsche Vorstellungen, was die Übertragung betrifft. Damit einher gehen soziale Ausgrenzungen – und es gilt, genau diese falschen und sich hartnäckig haltenden Vorurteile zu korrigieren.“
Laut Nagele werden in Kärnten pro Jahr rund 700 Blutabnahmen, und zwar anonym, vorgenommen. „Anders als im restlichen Österreich haben wir in Kärnten während der Coronapandemie keinen so großen Einbruch erlebt. In Coronazeiten hat es bundesweit um 20 Prozent weniger Tests gegeben.“ In Kärnten leben ca. 450 Menschen mit HIV, pro Jahr werden rund 20 Neudiagnosen gestellt. Die Dunkelziffer liegt bei 25 Prozent – und das heißt, dass sich nach wie vor nicht all jene testen lassen, die es notwendig hätten. Langfristiges Ziel sei es daher, die Dunkelziffer bis 2030 auf zehn Prozent zu drücken. Wie Prettner erläuterte, heiße das internationale Ziel im Kampf gegen Aids 95-95-95-0: „95 Prozent aller Menschen mit HIV kennen ihren Status, 95 Prozent davon sind unter wirksamer Therapie, 95 Prozent davon haben eine Virenlast unter der Nachweisgrenze und können das Virus nicht weitergeben sowie 0 Prozent Vorurteile.“
Finanziert wird die aidsHilfe zu zwei Drittel vom Land Kärnten (200.000 Euro pro Jahr) und zu einem Drittel vom Bund. „Wäre im Jahr 2015, als sich der Bund zurückziehen wollte, nicht das Land Kärnten eingesprungen, würde es uns heute nicht mehr geben“, betonte Nagele. „So aber können wir heuer unser 35-jähriges Bestehen feiern. Und das in neuen und deutlich vergrößerten Räumlichkeiten“. Am Samstag, 21. Mai, wird es eine „Geburtstagsfeier“ mit einem Tag der offenen Tür geben (Klagenfurt, Bahnhofstraße 22; ab 16 Uhr).
Quelle: Land Kärnten