Wien: „Augen auf beim Milcheinkauf“ für mehr Tierwohl in Stall und Einkaufswagerl
Tierschutzombudsstelle Wien analysiert Gütesiegel und Marken im Milchbereich: 22 von 35 Programmen leisten keinen oder geringen Beitrag für tiergerechtere Haltung
Können sich die Kühe, deren Milch im österreichischen Lebensmittelhandel angeboten wird, frei im Stall bewegen? Welche Tiere dürfen wirklich raus auf die Weide, die so oft auf Milchpackerln und in der Werbung abgebildet wird? Und ist die Kuh mit Hörnern in Österreich Standard oder ein seltener Anblick? Die Tierschutzombudsstelle Wien hat 35 der in Österreich verbreiteten Gütezeichen und Markenprogramme im Milchbereich auf ihre Vorgaben fürs Tierwohl hin überprüft. Das durchwachsene Ergebnis: 16 Zeichen erfüllen keines der untersuchten Kriterien, bei 13 Siegeln und Marken leisten die Vorgaben indes einen deutlichen Beitrag für mehr Tierwohl. Die restlichen sechs bewegen sich im unteren Mittelfeld.
Für den Einkaufsratgeber wurden die Zeichen und Programme nach sechs Kriterien analysiert, die eine tiergerechtere Haltung von Milchkühen unterstützen: verpflichtende Laufstallhaltung, täglicher Zugang zu Freigelände, verpflichtender Weidegang, keine routinemäßige Enthornung, artgemäße Fütterung und tiergerechte Zuchtziele für eine Abkehr von der Hochleistungskuh. „Die gesetzlichen Vorgaben für die Tierhaltung stellen lediglich Mindeststandards, aber längst kein Tierwohl dar. Für ein möglichst artgemäßes Leben der Milchkühe sind diese zu wenig“, erläutert Eva Persy, Leiterin der Tierschutzombudsstelle Wien. Erfreulicherweise habe sich das Bewusstsein bei Produzent*innen und Konsument*innen in den vergangenen Jahren verändert. Doch nicht alle Gütesiegel und Markenprogramme spiegeln den gestiegenen Wunsch nach mehr Tierwohl wider.
„Es ist toll zu sehen, wie viel in dem Bereich passiert ist und sich weiterhin entwickelt“, betont Persy. 13 der 35 untersuchten Programme erfüllen mehr als die Hälfte der Kriterien; ein Anbieter im Bio-Bereich sogar alle sechs. Nicht nur in der biologischen, sondern auch in der konventionellen Produktion gibt es immer öfter Initiativen, die in einzelnen Bereichen über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. „Frustrierend ist, dass bei dem in Österreich bekanntesten Gütesiegel in seiner Standardvariante keinerlei Verbesserungen für die Tiere zu erkennen sind. Dabei würde aufgrund der enormen Verbreitung des Programms jeder kleine Fortschritt für ein Mehr an Tierwohl bei Tausenden Tieren führen.“
Mit dem Einkaufsführer bekommen Konsument*innen ein praktisches Werkzeug, um eine bewusste Kaufentscheidung für mehr Tierschutz treffen zu können. Der größte Hebel für eine bessere Tierhaltung liegt jedoch ganz klar bei strengeren gesetzlichen Bestimmungen. „Das Grundproblem ist, dass sich die rechtlichen Regelungen für die Haltung von landwirtschaftlich genutzten Tieren an der Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung orientieren. Daran hat sich leider auch bei der letzten Novelle des Tierschutzgesetzes bzw. der entsprechenden Verordnung nichts geändert“, so Persy.
Der Ratgeber ist online erhältlich auf www.tieranwalt.at/Aktuelles/Milch.htm
Quelle: Stadt Wien