Wien: „Krümel“ ist bereit - Kanal-Tunnelbohrmaschine gräbt sich bald durch das Wiental


Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky tauft Super-Bohrer für den Wiental-Kanal auf den Namen „Krümel“ – Gratis Vorleseheft erklärt den Bau
Die Tunnelbohrmaschine für den Wiental-Kanal, Wiens größtes Gewässerschutzprojekt, ist fertig zusammengebaut und wurde am Mittwoch von Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky auf den Namen „Krümel“ getauft. Unterstützt wurde er dabei von den beiden Tunnelpatinnen Michaela Schüchner (Bezirksvorsteherin Penzing) und Silvia Jankovic (Bezirksvorsteherin Margareten), sowie den Bezirksvorstehern Markus Rumelhart (Mariahilf), Wilfried Zankl (Meidling), Dietmar Baurecht (Rudolfsheim-Fünfhaus) und Nikolaus Ebert (Hietzing). Passend zur Taufe präsentierten sie das Vorleseheft „Krümels Abenteuer unter Wien“, das Kindern den riesigen Kanalbau mit bunten Bildern und Reimen näherbringt.
„Krümel ist zwar noch ganz jung, wird aber in Wien seine Spuren hinterlassen“, sagt Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky. „Und zwar in Form des Wiental-Kanals, dem größten Kanalprojekt in der Geschichte von Wien Kanal. Bis 2028 werden alle bestehenden Kanäle der angrenzenden Bezirke an den neuen Wiental-Kanal angeschlossen sein und so den Wienfluss vor Verunreinigungen schützen und das Kanalnetz bei Starkregen entlasten. Damit leistet Krümel einen wichtigen Beitrag für den Umweltschutz und die Lebensqualität der Wiener*innen.“
Die 135 Meter lange und 1.000 Tonnen schwere Maschine wurde aus über 20.000 Teilen zusammengebaut. Ihren Einsatz startet sie am Gaudenzdorfer Gürtel und nimmt ab Ende April mit bis zu 24 Metern pro Tag Fahrt in Richtung Westen auf. Von Meidling über Rudolfsheim-Fünfhaus und Hietzing schlängelt sich Krümel zunächst bis zum Skatepark Auhof in Penzing durch. Im Anschluss geht es 2026 zurück zum Startpunkt und in die Gegenrichtung entlang von Mariahilf bis zum Ernst-Arnold-Park in Margareten. 2028 wird der Wiental-Kanal schließlich in Betrieb genommen.
Die beiden Bezirksvorsteherinnen und Tunnelpatinnen Michaela Schüchner und Silvia Jankovic wünschen Krümel vor allem eines: „Krümel soll auf seiner langen Reise möglichst wenig „Bröseln“ haben. Er soll alle Hindernisse gut meistern und am Ende zufrieden auf sein Lebenswerk zurückblicken“.
Nach der Taufe unterschrieben die Gäste auf dem ersten Tübbing – dem ersten Tunnelbaustein, der anschließend im Startschacht versenkt wurde. Dieser symbolische Akt der Grundsteinlegung markiert einen weiteren Meilenstein dieses beeindruckenden Infrastrukturprojektes der Stadt.
Krümels Abenteuer weckt Neugierde der Kinder
Eine andere Art über den Kanalbau zu erzählen, schafft das liebevoll gestaltete Kinder-Vorleseheft „Krümels Abenteuer unter Wien“. Kinder und Erwachsene begleiten darin den fröhlichen „Krümel“ bei seiner Arbeit unter der Stadt. Neben allerlei Abenteuern und Entdeckungen erfahren sie auch, warum sogar ein Bohrer regelmäßig zur Zahnärztin geht. Damit möchte Wien Kanal einen Beitrag zur Klima- und Umweltbildung leisten: „Durch Geschichten und Bilder können wir das Bewusstsein von Kindern für den Umweltschutz stärken. Wenn sie die Schönheit und die Herausforderungen unserer Stadt sehen, sind sie eher bereit, sich für ihren Schutz einzusetzen“, sagt Wien Kanal Direktor Andreas Ilmer.
Das Vorleseheft ist kostenlos in den Bezirksvorstehungen 5, 6, 7, 12, 13, und 14, im Wien Kanal Infocenter am Gaudenzdorfer Gürtel und im Stadtservice Wien - Stadtinformation im Rathaus erhältlich.
„Wenn Umweltschutz zur Abenteuergeschichte wird und Kinder mit Krümel unter Wien unterwegs sind, entdecken sie nicht nur eine spannende Geschichte, sondern lernen auch, wie moderne Infrastruktur unsere Umwelt schützt. So zeigen wir schon den Jüngsten, wie Technik, Gewässerschutz und Klimaschutz Hand in Hand gehen und schaffen spielerisch Bewusstsein für die Herausforderungen von morgen“, sagt Angelika Pipal-Leixner, Umweltsprecherin der NEOS Wien.
Mit 850 PS und einem Meter pro Stunde durch das Wiental
Zwischen Margareten und Auhof muss Krümel mit seinem ausgeklügelten Navigationssystem einige Hürden wie Gas- und Wasserleitungen, U-Bahnen und Brückenfundamente über- und unterwinden. Dafür ist die Tunnelbaumaschine mit einem Laser-Vermessungssystem und einem flexiblen Bohrkopf ausgestattet, der sich an die wechselnden Bodenschichten anpasst.
Angetrieben wird der Bohrer von zwei 315 Kilowatt starken Elektromotoren (ca. 850 PS). Auch die gesamte Logistik im Tunnel funktioniert rein elektrisch. Über eine akkubetriebene Stollenbahn werden insgesamt 42.800 Tübbinge mit einem Gesamtgewicht von rd. 65.000 Tonnen eingefahren und 105.000 Kubikmeter Boden mit einem Gesamtgewicht von rd. 190.000 Tonnen ausgefahren.
Bohren und Bauen im Takt
Drei Teams mit jeweils 20 Personen kümmern sich in drei Schichten rund um die Uhr um den Vortrieb. Dabei wechselt die Maschine ständig zwischen einem Bohr- und Bautakt.
In einem ersten Schritt wird der Boden mit dem Schneidrad auf einer Länge von 1,20 Metern abgetragen und zuerst über eine Förderschnecke, dann über ein Förderband in offene Waggons transportiert. Pro Bohrzyklus fallen rd. 14 Kubikmeter bzw. 25 Tonnen Material an. Vier Anhänger werden mit Erdreich befüllt, um dann per akkubetriebener Eisenbahn, einer 60 Meter langen Schmalspurbahn, zum Umschlagpunkt im Startschacht am Gaudenzdorfer Gürtel zu fahren. Dort werden die Waggons mit dem Portalkran hochgezogen und abgekippt. Das Material wird dann mittels Bagger auf rd. 5.500 Erdtransporter verladen und auf eine Deponie in Niederösterreich transportiert. Je nach Vortriebsgeschwindigkeit werden täglich zwischen 10 und 20 Lkw-Fahrten erfolgen.
Parallel dazu wird in einem zweiten Takt der Tunnel mit den vorgefertigten Stahlbeton-Tübbingen ausgebaut. Für einen kompletten Ring mit einer Länge von 1,20 Meter sind sechs Tübbinge mit einem Einzelgewicht von rd. 1,5 Tonnen erforderlich. Diese werden ebenfalls per Bahn unterirdisch an die Spitze des Tunnels gebracht und mit einem ferngesteuerten Greifarm punktgenau im Betonpuzzle eingesetzt. Am fertigen Ring stützen sich zwölf Hydraulikpressen mit einem Druck von bis zu 500 bar für den Vortrieb ab, pressen das Schneidrad gegen den Boden und der Bohrzyklus startet von Neuem.
Über Wien Kanal
Mit einer Leitungslänge von mehr als 2.500 Kilometer ist Wien Kanal Österreichs größter Kanalnetzbetreiber. Täglich wird etwa eine halbe Milliarde Liter Abwasser von 2 Millionen Menschen und 180.000 Gebäuden sicher und umweltgerecht zur Kläranlage in Simmering transportiert.
Rund 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten das Kanalnetz funktionsfähig und sauber. So werden zum Beispiel täglich zwischen 15 und 20 Tonnen abgelagertes Material aus den Kanälen geräumt, um den Abfluss zur Kläranlage zu garantieren. 99,9 Prozent aller Haushalte in Wien sind an das städtische Kanalnetz angeschlossen. Trotzdem wächst das Wiener Kanalnetz jährlich um rund zehn Kilometer. Mehr als 700 Kanalbaustellen werden jedes Jahr zur Erhaltung und Reparatur durchgeführt. Durchschnittlich fünf Kilometer Kanal werden unterirdisch, also nahezu aufgrabungsfrei saniert. Unterirdisch sind auch die Roboter von Wien Kanal unterwegs. Allein im vergangenen Jahr haben sie mehr als 200 Kilometer im Abwasserlabyrinth zurückgelegt und die Rohre auf Beschädigungen untersucht.
Quelle: Stadt Wien