Kärnten: „Wo geht’s zur Gert-Jonke-Gasse?“
LH Kaiser besuchte künstlerische Aktion zur Umbenennung der Dr. Franz-Palla-Gasse in Klagenfurt
Klagenfurt (LPD). „Wo geht’s zur Gert-Jonke-Gasse?“ – unter diesem Motto haben Kärntner Kunst- und Kulturschaffende gestern, Freitag, zu einem Treffen beim früheren Wohnhaus des 2009 in Wien verstorbenen Literaten Gert Jonke aufgerufen. Dieser hatte in der Klagenfurter Dr.-Franz-Palla-Gasse seine Kindheit und Jugend verbracht. Benannt ist die Gasse nach dem Primararzt Franz Palla (1876-1947), der in der Zeit des Nationalsozialismus im LKH Klagenfurt hunderte Zwangssterilisationen an sogenannten „erbkranken“ und behinderten Menschen durchführen ließ bzw. selbst durchführte. Ein Personenkomitee setzt sich daher für eine Umbenennung der Dr.-Franz-Palla-Gasse in Gert-Jonke-Gasse ein. Organisiert wird die Aktion von VADA, Verein Innenhofkultur, Kärnten andas, Christian Hölbling und Anna Baar.
Kulturreferent Landeshauptmann Peter Kaiser kam auch vor das Jonke-Haus und betonte, dass er die Initiative der Kunst- und Kulturschaffenden begrüße, weil es höchst an der Zeit sei, diese Gasse umzubenennen. „Diese Gasse soll nach Gert Jonke, einem der Größten des Literaturlandes Kärnten, benannt werden“, so Kaiser.
Herwig Oberlerchner, Primarius an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums Klagenfurt, beschrieb, wie schwer es ihm falle, mit dem Rad durch diese Gasse zur Arbeit zu fahren. „Ich schäme mich zutiefst für die Zwangssterilisationen, die Euthanasie und die weiteren Verbrechen durch die Psychiater dieser Zeit“, sagte er und bat die Opfer und ihre Angehörigen um Verzeihung für das begangene Unrecht, das Leid, Verdrängen und Verharmlosen.
Kulturwissenschaftler Klaus Amann sprach von einem „zornigen Schmerz“, weil diese Gasse nach einem Arzt benannt sei, der seinen Eid gebrochen habe und an dessen Händen Blut klebe. Sie müsse nach Gert Jonke benannt werden, „der mit seinem Schreiben stets das Glück der Menschen im Auge hatte“.
Zu Beginn der Aktion wurde von Schriftstellerin Anna Baar eine eigens verfasste, literarische Grußbotschaft von Elfriede Jelinek verlesen. Für die Literatur-Nobelpreisträgerin ist Gert Jonke „einer, der mir so lieb war“. Sie bestehe darauf, dass die Gasse nach ihm benannt werde. Moderiert von Oliver Vollmann und Nadine Zeintl gab es Musik von Praprotnice und Susanna Ridler sowie Lesungen von Maja Haderlap, Josef Winkler und Wilhelm Huber. Yulia Izmaylova und Felix Strasser performten, wie man in die Gert-Jonke-Gasse kommt, weitere Darbietungen und Vorträge gab es von Bertl Müller, Seraphine Rastl, Helge Stromberger, Christian Hölbling, Nadja Danglmaier.
Anwesend waren auch die Klagenfurter Vizebürgermeister Jürgen Pfeiler und Alois Dolinar, der Leiter der Landeskulturabteilung, Igor Pucker, sowie der Leiter der Kulturabteilung der Stadt Klagenfurt, Alexander Gerdanovits.
Gert Jonke wurde 1946 in Klagenfurt geboren und verstarb 2009 in Wien. 1977 gewann er den ersten Ingeborg Bachmann-Preis, weitere Auszeichnungen wie der Österreichische Würdigungspreis für Literatur (1987), der Erich Fried und der Franz Kafka Preis (1997), der Große Österreichische Staatspreis (2001) folgten. Jonke war in besonderer Weise mit Klagenfurt verbunden, der Dichter hat in zahlreichen Texten auf seine Heimat Bezug genommen.
Quelle: Land Kärnten