Die ungenutzten Schätze des Alters

17 Apr 10:06 2013 von Mag. Andreas Prammer Print This Article

Die steigende Lebenserwartung, eine wachsende Zahl alter und hochbetagter Menschen sowie die anhaltend niedrige Geburtenrate begründen die Entwicklung des Landes  hin zu einer alternden Gesellschaft. 


Prof. Stieger - einstiger Pionier der Personalentwicklung

Der drohende Fachkräftemangel hängt wie das Damoklesschwert über unserer Arbeitswelt und die Geburtenstatistiken entspannen die Situation nicht im Geringsten. Ein Großteil der Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter reihenweise in Pension, ohne den lebenslang erworbenen Wissens – und Erfahrungsschatz zu nutzen.

Der Eintritt in die Arbeitswelt verschiebt sich, ob der zusätzlichen und teilweise längeren Ausbildungszeiten, nach hinten. Junge Menschen werden in langjährigen Prozessen zu Führungskräften ausgebildet und erwerben jede Menge Erfahrungen im Laufe ihres Arbeitslebens. Einmal in die Pension entlassen, sind die Unternehmen vom umfangreichen Wissen und den Erfahrungen des Mitarbeiters abgeschnitten.


Der Bereich des Wissensmanagement nimmt sich dieser Problematik an und versucht dem rasanten Wandel unserer Gesellschaft gerecht zu werden. Altersteilzeitmodelle finden langsam ihren Weg in die Arbeitswelt und einige wenige Ausnahmen haben sich auf ältere Arbeitnehmer spezialisiert. Die Wissenschaft versucht Lösungen zu finden und die Politik müsste eigentlich die Rahmenbedingungen dafür schaffen – Stichwort: Pensionsreform. Für viele Arbeitnehmer kann die verdiente Pension nicht früh genug kommen. Allerdings wächst die Zahl derer, die noch arbeiten können und wollen, aber nicht mehr dürfen.


Als einstiger Pionier der Personalentwicklung hat Prof. Leopold Stieger 1972 die GfP-Gesellschaft für Personalentwicklung GmbH in Wien gegründet. Er glaubte bereits damals an die Vision Potentiale zu entwickeln und die eigenen Stärken und Bedürfnisse zu nutzen. Nicht ständig nach Defiziten zu suchen mit dem Versuch diese aus zu merzen, sondern die positiven Dinge zu akzentuieren, war hierbei der Grundgedanke.


Viele wollen in der Pension noch nebenbei arbeiten - dürfen aber nicht

Mit seiner Plattform www.seniors4success.at arbeitet Prof. Stieger, seit mittlerweile sieben Jahren gegen die tradierten Hürden der Arbeitswelt. Er kämpft für einen Weg zu längerem, altersgerechtem Arbeiten, mit mehr individueller Freiheit und nicht zuletzt, für ein würdiges Altern, mit dem Gefühl gebraucht zu werden. Seine zentralen Ansatzpunkte sind zum einen, der enorme Verlust an Potenzial für  Unternehmen, zum anderen, das oft sinnentleerte Sein im vermeintlichen Paradies - Pension.

Viele Unternehmen laden die früheren Arbeitnehmer einmal oder manchmal mehrmals im Jahr zu einer Feier ein. Mit gutem Essen und einem schönen Abend möchte das Unternehmen seinen Ehemaligen etwas Gutes tun. Der vorherrschende Gedanke die ausgeschiedenen Mitarbeiter mit wohlwollenden Kleinigkeiten zu fördern, ist laut Prof. Stieger eine sehr kurzfristige Denkweise. Was Menschen nach ihrer Pensionierung brauchen, ist nicht „fördern“, sondern „FORDERN“. Sie wollen und sie können gebraucht werden, „an Aufgaben wachsen sie weiter, nicht an Almosen“, ist der langjährige Experte überzeugt.


Arbeiten in fortgeschrittenem Alter kann durchaus reizvoll und erfüllend sein

 

Die angespannte Arbeitsmarktlage mag noch manchen täuschen – der Mangel an Nachwuchs, an qualifizierten Fachkräften jedes Alters hat in den Unternehmen bereits eingesetzt, auch wenn  sich viele Unternehmen, wie die Praxis zeigt, noch nicht angesprochen fühlen.

Der demografische Wandel stellt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen aktuell und in Zukunft vor große Herausforderungen. Vor allem Verantwortliche und Multiplikatoren in den Betrieben sind gefordert, Erwerbsarbeit altersgerecht zu gestalten, um die Unternehmen zukunftsfähig machen. Es wird in Zukunft einer der wesentlichen Faktoren der Standortsicherung sein, in diesem Feld Kreativität und Tatkraft zu entwickeln, lautet der Tenor internationaler Studien.

Die Bedingungen für längeres Arbeiten in Österreich sind denkbar ungünstig. Von den Zuverdienst grenzen über das Anciennitätsprinzip, einem Mangel an flexiblen Arbeitszeiten bis hin zu den klassischen Vorurteilen denen ältere Arbeitnehmer ausgesetzt sind, werden viele bürokratische Hürden zum Motivationskiller.


Prof. Stieger fordert eine radikale und nachhaltige Neugestaltung

Die Vernichtung von Volksvermögen

 

Der nicht genutzte Erfahrungsschatz, die nicht generierten zusätzlichen Steuereinnahmen und daraus resultierend - weniger Konsum, kommt der Vernichtung von Volksvermögen gleich. Im Land der Altersweltmeister ist dies keineswegs ein „Nice to have“ für Wirtschaft und Unternehmen, sondern wird langfristig als entscheidender Wettbewerbsfaktor schlagend.

Prof. Stieger fordert deshalb mit seinem acht Punkte Maßnahmenpaket einen radikalen Bewusstseins - Wandel der heimischen Arbeitswelt.



Die acht Thesen von Seniors4success

  1. Radikale und nachhaltige Neugestaltung des Pensionssystems 
    Vereinheitlichen – der demografischen Entwicklung anpassen - Anreize schaffen durch Bonus/Malus System – Abschaffung von Privilegien
  2.  
  3. Unternehmen ermutigen, die spezifischen Fähigkeiten älterer Mitarbeiter ohne Zeitlimit zu nützen
    Potenziale erkennen – Voraussetzungen schaffen – Lebenslanges Lernen fördern – 
    den Übergang unterstützen – Pensionisten einbinden
  4.  
  5. Schulterschluss zwischen JUNG und ALT herstellen
    Unterschiedliche Fähigkeiten der Generationen erkennen, abstimmen und nützen – das Miteinander fördern – Generationenkonflikt vermeiden
  6.  
  7. Arbeit ist nicht Hölle und Pension ist nicht Paradies
    Dem weitverbreiteten Vorurteil, dass Arbeit Leid ist, aktiv entgegen wirken – Freizeit ohne Herausforderung bringt keine Erfüllung – Arbeit muss Freude machen – Polarisierung zwischen Arbeit und Freizeit beseitigen
  8.  
  9. Die Menschen vor Pensionsantritt sensibilisieren
    Der Übergang in den Ruhestand ist in der Regel der gravierendste Einschnitt im Leben – wer ihn vorher nicht plant, kann in ein „schwarzes Loch“ fallen – ideal ist eine klare Vision für die Zeit danach
  10.  
  11. Die Entwicklung der staatlichen Zuschüsse zu den Pensionssystemen machen uns Angst und zwingen uns zum Handeln
    Die Situation bewusst machen – alle Frühpensionierungen durch altersgerechte Weiterarbeit einschränken – durch Beschäftigung Älterer vor und nach der Pensionierung das Bruttosozialprodukt steigern – damit das Sozialsystem finanziell entlasten
  12.  
  13. Alters- und lebensphasengerechte Entlohnung
    Die bestehenden Entlohnungssysteme vereinheitlichen – Arbeitsleistung anstatt Alter honorieren – Abschaffung des Senioritätsprinzips
  14.  
  15. Kampf gegen die Ungleichbehandlung unterschiedlicher Gruppen
    Beamte, ASVG-Versicherte und Gemeindebedienstete angleichen – Pensionsalter der Männer und Frauen angleichen 


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